Aber im Frühjahr

Aber im Frühjahr wolln wir erwachen!
Hast Du Forsythien brennen gesehn?
Und an den feuchten flachen
Hängen
Drängen
Die Veilchen und Schlüssel hervor.
Ein entzückt erwachtes Ohr
Fängt den Regen der aus Blütenkehlen
Von zwei jungen Amseln tropft.
Kinder wilde junge Stämme zählen
Die ein alter Gärtner pfropft.

 


But in Spring

But in springtime we will waken!
Have you seen forsythia burn
On damp hillsides long forsaken
Violets, primrose, early fern…
An enchanted listening ear
Catches lilting song from flowering throats
Of two thrushes…
How it floats
Over the children, playing hereabout.
While the gardener grafts, they play and shout!

 



Abenddämmerung

Die Gärten in den Vorstädten
Riechen nach Tee und Jasmin.
Die Häuser sind still
Und nur ein zartes blondes
Kind wird noch einmal
Ans Fenster getragen. 

Anders ist es auf den Dörfern –
Wie Gold leuchten die liegenden Garben
­Wie Löwinnen kauern sie –
Die Abendsonne wirft
Einen rötlichen Schein darüber.
Zwar duften Platanen und Linden berauschend,
Die vor dem Dorfe stehen –
Und die Tauben steigen noch einmal
In den hellen durchsichtigen Abendhimmel.
Aber die Häuser sind grau
Die Wände bröckeln,
Ein verrosteter Pflug steht irgendwo –
Blinde Glasscheiben zerbrachen –
Man wusch die Schwelle nicht –
Und ein staubiger Vorhang hängt schwer am Fenster.

Heraus schauen Mädchen –
Mit großen Mündern und bleichen Gesichtern –
­Sie sind nach Küssen hungrig,
Die Haare hängen ihnen welk ums Gesicht –
Sie bäumen sich in den Fenstern und schiefen Türen
Und schauen und warten –


Evening Twilight

The gardens in the suburbs
     smell of tea and jasmine.
The houses are quiet.
In one a delicate blond child
     is carried once more to the window.

In the villages it is different.
The sheaves on the fields glow golden,
They cower like lionesses –
     the evening sun casts a roseate shine on them.
Yes, there stand maple trees and linden
     outside the village and they smell intoxicatingly
     and the pigeons rise once more
     into the light and transparent sky.
But the houses are grey and their walls crumble.
A rusted plow stands forgotten.
In blind, broken windows rattles shattered glass.
The threshold has not been scrubbed
     and a dusty curtain hangs heavily
     over the window.

Girls look out –
     their mouths are wide, their faces pale,
     they are hungry for kisses
     and their hair hangs wilted around their faces.
They move restlessly near the windows
     and crooked doors.
They look, they wait.

 



Den Freunden der Jugend

Ihr seid den alten Dingen treugeblieben
Und gläubig noch der alten Zeit –
Wie Kinder dünkt Ihr mich, die manches lieben
Was hinter mir – so weit... so weit...

Mir gehen neue Welten täglich auf,
Wie Bäume, rüttelnd schwarz im Sturm,
Und zu den eis'gen Bergen schau ich auf
Und neuen Städten, Turm an Turm.

 


To the Friends of My Youth

You have been faithful to the things of old
And you believe still in old times –
Like children who can still love
What they are told;
But I left this behind me, far, so far behind.

Daily for me new worlds arise
Like trees shaken by sinister storms.
I look to mountains, icy, clear, and wise,
Seeing cities where gigantic towers rise.

 

 


Ich weiß dein Schloss

Ich weiß dein Schloss,
Du dunkle Tür.
Und halt den Schlüssel in der Hand.
Weil ich dein Aufgehn im Unendlichen verspür.
Horch leise ich nach dir und abgewandt –

Der Schlüssel liegt in meiner Hand so schwer.
Ich weiß nicht, ob das Fest für mich bereitet.
Ein kühler Wind streicht aus den Fugen her.
Welch fremde Hand hat mich hierher geleitet?

 


Before the Door

I know your lock, great gloomy door
And in my hand, I hold your key.
I sense your opening to the infinite…
As I softly listen, and turn away…

The key lies so heavily in my hand.
Is that feast prepared for me?
An icy wind caresses from the cracks
What strange hand has guided me here?

 

 

Nachtgedanken

I

O beraubtes Herz.
Bar aller Geheimnisse
Liegst du blass im Mondlicht –
Deine Stärke warfst du von dir,
Willig…
Und bist nun
Zum Erbarmen
Allein.

O beraubtes Herz
Wer trug dir auf
Dies alles zu leiden –
Jenseits der Schattenbrücke
Stehst du am nächtlichen
Strome
Und bist nun
Zum Erbarmen
Allein.

II

Es war ein Tag, ich sah Dich kaum,
Da war Musik und Berg und Baum…
Treppauf, treppab, ein spielend Kind,
Lief ich im gold'nen Herbsteswind
Und sah Dich kaum.

War eine Nacht, ich sah Dich kaum,
Wir tanzten schwerelos, im Traum –
Mir war ums Herz fremd und allein –
Du warst so groß und ich so klein –
Und sah Dich kaum.
 
Und dann war einmal Kerzenlicht –
Ich sah Dich – doch Du sahst mich nicht –
Ich fühlte Dich erblassen –
Und wollte Dich umfassen.

III

Die Woge – und zugleich ein Meer –
Ein Antlitz – und zugleich Gesicht von vielen –
So neu – und ungebändigt jung –
Doch sehr weise zugleich.
Nennst Du es Spielen?

Dies ist nicht Eines und nicht Einer –
Ein Großes ist's, das uns von dannen trägt ­–
Wir wachsen, wachsen immer reiner –
Und werden – Woge – wie im Wind bewegt.

Kein Spielen hat uns so ergriffen nun,
Ein Großes ist's, das uns von dannen trägt –
Meer sind wir – stille Wogen – wenn wir ruhn –
Und süß und ungebändigt, wenn es uns bewegt!

Thoughts in the Night

I

O bereft heart!
Bare of all secrets
You lie pale in the moonlight,
You cast your strength away,
Willingly –
And now are
Pitifully
Alone.

O bereft heart!
Who made you suffer all this?
Beyond the bridge of shadows
You stand at the rim
By the nightly river
And now are
Pitifully
Alone.


II

There was a day, I hardly saw you,
There was music and mountain and tree…
I ran up the stairs, down the stairs, a playing child.
I ran in the golden wind of autumn
And hardly saw you.

There was a night, I hardly saw you,
We danced lightly as in a dream.
I was estranged and lonely,
You were so tall and I so small
And hardly saw you.

But then, once there was candlelight
I saw you but you saw me not –
I saw you turning pale
And wanted to embrace you.

III

The wave – and at the same time the sea –
One face – and at the same time many faces –
So new and untamed young –
And yet so wise.
Do you call it playing?

This is not one and one –
It is a greatness and carries us away –
We grow, grow always purer –
And we become – the wave – moved in the wind.

No playing has ever gripped like this,
It is a greatness and carries us away –
We are the sea – calm waves – when we rest –
And sweet and untamed when it moves us!



II. Liebeslieder

Du bist der ungelöste Rest

Du bist der ungelöste Rest in meinem Innen.
Wie kann ich etwas tun solang dies ist.
Nun muss ich stündlich mich besinnen
Wie deine Stimme tönt und wo du bist.
An seltnen Tagen weiß ich deine Hände
Vielleicht seh ich dein Angesicht.
Wo dein Beginn ist, bin ich schon zu Ende
Und weiß von deinen Träumen nicht…


II. Love Songs

Enigma

You are the residue, undissolved within me. 
How can I act as long as you are there?
Now must I hourly remember
How your voice sounds and where you are.
On rare days I know your hands
Perhaps even see your face;
Where you begin, is already my end
And I know not of your dreams.

 


Die Blonden, die mich küssten

Die Blonden, die mich küssten,
Die zagen all zum Tod.

Tags war ich wild und froh im Wald
Hab Beeren und Küsse gepflückt –
Doch, wenn die Nacht kam, ward mir kalt,
Der Mond ist so schaurig gerückt…

Da sagt der Kauz mir klagend leis –
­Ich hab ihn nicht drum gebeten –
Mir schaurig die blutige Zukunft weis,
Da war mir das Herz in Nöten.

Am Tage, da fing mich manch Blonder ein
Und die Liebe, die war mir nur Spiel.
Zur Nacht schlief ich in der Kammer allein
Da träumte vom Tod mir soviel…

Weißt Du, warum wir nur küssten,
Keiner mich ganz gewann?
Ach, wenn die Leute dies wüssten,
Säh'n sie so seltsam mich an…

Hielt einer mich im Arme heiß
Und küsst' mich lächelnd auf den Mund,
Da sagte eine Stimme leis'
Als lebten rings die Büsche rund:
"Den lass sein, Der ist mein!"

So, eh ich noch die Lieb gefühlt
Ist mir vor Furcht das Herz erkühlt
Konnt' nicht wagen,
Es einem zu sagen…


The Fair Ones Who Kissed Me

The fair ones who kissed me, 
All went to their deaths.

During the day I was wild and glad…
Picked berries, kisses in the wood…
But when night came I was cold
And the moon rose eerily overhead.

The owl foretold me of her lament –
­But it was not of my asking –
I shuddered at the bloodstained future
And my heart was shadowed in grief.

By day, many a fair one held me
And love was one of many games,
But at night I slept alone in my chamber
And dreamt most often of death.

Do you know why we only kissed
And why none won me entire?
Oh, had people but known that
They would have looked at me strangely.

If one did hold me with passion
And kissed my mouth with a smile
It was as if the bushes lived and would whisper:
"Let him go, let him go, he is mine."

So before I could feel love
My heart was cold with fear
And I could not dare to tell them.



Wie eine böse Sturmflut

Wie eine böse Sturmflut
Geht die Liebe
Durch mich hin –
Und lässt mich,
Leergewaschnen Strand –
­Allein.
Dein Antlitz liegt
Beglückt
Zur Seite mir –
­Die Sonnen, die Du
Atmetest,
Als mich Dein Arm umfing,
Verklären Dich vergänglich.

Ich liege – zurückgeworfenen Kopfes
Nicht allein.
Die
Schatten
Der Toten,
Blass, raunend,
Sehn mich flehend an.

Es ist nicht, dass ich mir gehörte, nein…
Die geisterhafte Stimme,
Die durch Räume
Und Gezeiten geht –
Wir haben keinen Namen sie zu nennen.

Die geisterhafte Stimme rief
Mir zu –
Wie sie den Toten rief –
­Und ruft – 
Und ruft – 
In Träumen...
Sie packt mich in der Liebe
Sturmflut
Plötzlich an
Und zeigt mir,
Was der Mensch dem Menschen
Angetan.


Like a Terrible Storm

Like a terrible storm
Love passes through me
And leaves me
A washed and empty shore – alone.
You face me,
Happy at my side –
The blaze of light you breathed,
Your arms around me,
Makes you radiant and transitory.

There I lie, my head thrown back,
But not alone:
The shadows of the dead
Look at me – pale – murmuring – imploring.

It is not that I am all my own, no…
The ghost-like voice
That goes through space and time –
We have no name for it.
This ghost-like voice called to me
As it called the dead…
And calls…
And calls… in dreams…
Suddenly it seizes me
In a storm of love,
And it shows me
How man has violated man.





III. Vorahnungen

Ich träumt es

Ich träumt es: sonnenlose Dürre,
Die Sonne lag im Schatten und verglüht.
Ich träumt es: baumverstandne Irre,
Wir fuhren taumelnd, tödlich müd
Entlang und kommen in das Haus
In Enge, Kinder schaun heraus,
Wie Schemen, ohne Freude, ohne Glanz.
Ich träumt den Durst und die Entsagung ganz,
Und träumte Schlangen, bunte Blüten...

Ist's Wirklichkeit, sind's Mythen?
Die schon die Ahnen einst hinausgetrieben?
Was nützt's, die festen Dinge still zu lieben –
Es lockt und lächelt, ach so finster, komm.


III. Premonitions

I Dreamed This

I dreamed this:
Sunless aridity – shadowed was the sun,
Its glow waning.
I dreamed this: a wasteland and dead trees.
We moved along, dizzy and deadly tired,
Arrived at the house, such a narrow house
And children looked out,
Like ghosts, without joy, lacklustre.
I deeply dreamed the thirst and resignation –
I dreamed of snakes and many-coloured blossoms…

Is it reality, or myths?
Myths that have been already banned
By forebears long ago?
What use is it to love the solid things –
It smiles and wheedles, oh so sinister, come!




Nachtfahrt

Nachtwinde haben sich aufgemacht
Und rauschen wie Donner –­
Rasend, reißend, streicht es
Wie Sturm im Fahren vorbei.
Das Unglaubliche wohnt im Walde –
Die schwarzen Tiefen verbergen's.
Unfassbares wohnt in der Dunkelheit
­Zwischen den plötzlich aufleuchtenden Stämmen.
Furcht und Lust, dass sich's zeige,
Lauert im donnernden
Nachtwind.

Blutigrot, abnehmend hängt der Mond
Über gemähten Feldern,
Über den schwarzen, schweigenden, leidenden
Horizonten…

Blutigrot, abnehmend, hängt der Mond
Über Schilfgras und feuchtem Sumpf, Riedgras sticht
In den Himmel…
Unheimlich gurgelndes Wasser
Riecht nach dumpfiger Erde...
 
Scheinwerfer bohren Tunnel
Und Wälder öffnen sich
Dunkel, unglaublich, verheißungsvoll –
­Rasend, reißend, donnert der Nachtwind
Im Fahren vorbei und hinter Dir
Schließt sich, schweigend, die Nacht.

Wenn blutigrot, über den
Stoppeln, der Mond hängt,
Zittern die wissenden Birken weißlich
Im Winde.

[Juli 1939]


Night Journey

Night winds have roused themselves
And roar like thunder –
Racing, tearing, they streak by
Like a storm as you drive on.
The Incredible lives in the woods –
Concealed in the dark depths.
The Inconceivable lives in the darkness –
Between those suddenly lit-up trunks.
Dread and delight, that It might show itself,
Lie hidden in the thundering
Night wind.

Blood red hangs the waning moon
Over the mown fields,
Over the black, silent, suffering
Horizons…

Blood red hangs the waning moon
Over bulrushes and humid swamp,
Reeds prick the sky…
Gloomy, gurgling water
Smells of dank earth…

Headlights bore a tunnel
And woods open up
Dark, incredible, promising –
Racing, tearing, the night wind thunders
As you drive on and behind
The night silently closes up.

When blood red, over the
Stubble, hangs the moon,
The watchful birches shudder whitely
In the wind.

[July 1939]



Vergiss nicht

Vergiss nicht, dass die Welten dürsten
Nach Untergang. Wie müde macht
Das Nichterworbne, die genomm'ne Pracht
Glutheißer Schächte. Die Leichtigkeit
Die blasses Blut nicht halten kann.

Vergiss nicht, dass die Welten dürsten:
Nach ernster Ruh. Wie bunter Schaum erwachen
Farbenblasen
Gleich auf das jüngst vergossne Blut.
Verhauchen sie: ein geiler Duft, der Ekel
Und Verlangen reizt, so süß ist er
Zu Zeiten.
Ein tobend Paradies, dem alle Sehnsucht starb.

Vergiss nicht, dass die Welten dürsten
Nach Grausamkeit. Wenn eingeengt in sonnenlose
Höfe, in dumpfe Zelln und alter Etikette voll
Der junge Aufwuchs eingepresst wird – 
Noch ehe er genossen, und verdarb –

Erheben sich die unerfüllten Wünsche ihrer
Ahnen und rasend hebt ein
Schlagen, Mähen, Ernten an,
Das keiner bändgen, keiner mildern kann.
Dies neue Grause schlägt in hellen Wellen.
Wer weiß, wann's brandet, weiß, ob's siegt?

 


Do Not Forget

Do not forget, some worlds are thirsting
For their own decline and end.
How tiring is the mass of loot,
The stolen splendour from hot mines –
Frivolity that pale blood cannot hold.

Do not forget, some worlds are thirsting
For earnest rest. Like foamy coloured bubbles
Arising soon after blood was spilled.
Bursting: a wanton smell
Causes revulsion and desire alike,
So sweet it is sometimes – 
A raving paradise for which all longing died.

Do not forget, some worlds are thirsting
For cruelty. Forced into sunless courts,
Into deep cells, full of restrictions…
The young are pressed,
To spoil before they ever could enjoy:

Then unfulfilled desires of ancestors
Come alive
And there begins a beating, mowing, harvesting
No one can tame, no one can end.
New horror beats in lightning waves…
Who knows when it will surge, if it will win?





IV. Klagen

Wenn ich in den Park gehe

Wenn ich in den Park gehe
Die feuchten Blätter rieche oder den Frühling
Spüre,
Bin ich nicht allein.
Irgendjemand ist immer mit mir,
Aber ich kann Dir nicht sagen, wer es ist…
Bist Du es vielleicht?
Unsichtbar neben mir
Und sehr zärtlich
Ist etwas bei mir, wenn ich die schaukelnd roten
Weinreben
Den grünen Rasen oder
Das leere meerblaue Schwimmbecken betrachte.
Die Rabatten am Wege
In ihrer bunten Fülle
Erinnern mich an früher,
Als ich, ein Kind, ihren schweren Sommerduft
Einsog.
Und wenn der kleine blonde Bub
In seinem roten Kittel
An den Blumen riecht,
Muss ich lächeln.
Ich wende meinen Kopf zu Dir hin,
Aber Du bist ja nicht da – ich bin allein…



IV. Laments

When I Go to the Park

When I go to the park
     and smell the damp leaves or feel the spring,
     then I am not alone.
Someone is always with me,
     but I cannot tell you who it is…
Is it perhaps you?
Invisible beside me
     and very tender,
     there is something with me, when I regard
     the swaying red vines
     of the wild grape,
     the green lawn or
     the empty ocean-blue pool.
The flowerbeds along the path
     in their colourful abundance
     remind me of the past
When as a child, I smelled their heavy summer
     fragrance.
And when the little blond boy
     in his red smock
     smells the flowers,
     then I must smile.
I turn my head towards you,
     but you are not there, I am alone...




Aber die Toten kommen nicht mehr…

Lauter tosen die Stürme im Herbst
Von den Bäumen fällt das Obst…
Und purpurne Blumen, die Blumen
Die Roten
Aber die Toten kommen nicht mehr –
Spüren den Herbstwind nicht
Bücken sich nicht nach den reifen Früchten
Und die roten Blumen,
Ach, die roten bricht mir keiner.
   Die Toten
   kommen nicht mehr.

Ich habe sie geküsst.
Meine Wange an ihre gelehnt,
Und ihr Haar fiel mir ins Gesicht.

Purpurner blühen die Blumen, die roten
   Aber die Toten
   kommen nicht mehr.


The Dead Do Not Return

Louder rage the autumn storms,
Fruit falls from the trees…
And red flowers – oh so red;
But the dead do not return.
They do not feel the autumn wind,
They do not come and bend to pick the fruit.
And the red flowers – oh those red flowers
Nobody gathers them.
   The dead
   do not return.

I have kissed them.
My blooming cheek toward them
And their hair fell over my face.

The red flowers – they are blooming 
   But the dead
   do not return.

 



Berliner Nacht 38

Es wehen die Stürme so dunkel da draus
Die Nacht ist kalt und alt.
Weiß zeichnet der Mond ein gespenstisches Haus
Und scheint in den Kiefernwald.

Es schweigen die Straßen furchtsam und still
Fern heult ein Hund sich aus…
Ist's ein Hund? Was auch schreien will...
Weiß zeichnet der Mond ein gespenstisches Haus.

Es fällt ein Schuss. Und dann ein Schrei…
Fragt keiner, ob einer will beten…
Es hallt noch einmal – vorbei... vorbei...
Namen vergingen, verwehten…
 
Es wehen die Stürme so dunkel da drauß.
Es schweiget die Nacht voll Scham.
Weiß zeichnet der Mond ein gespenstisches Haus,
Dem man die Seele nahm.


Berlin Night 38

Storms blow darkly through the streets;
The night is cold and old.
The moonlight blanches a ghostly house
And makes the pinewood glow.

The streets are silent, fearful and quiet;
Far off there howls a dog…
Is it a dog? ... What else would howl?
The moonlight blanches a ghostly house.

A shot cracks out – and then a cry.
Nobody asks if someone would pray.
The same sound again… over and gone.
Names come to mind, are blown away.

Storms blow darkly through the streets
The night is silent in shame.
The moonlight blanches a ghostly house
Whose soul was taken away.

 



Den Toten

Wenn sie auf Erden keine Heimat hatten,
Und wenn ihr Grab kein Grab, nur einfach: Untergang,
So gibt es Nächte,
Wo ihr junger und lebend'ger Geist,
Wenn des Kamines Flamme loht,
Nah bei mir in der Dämmerung besteht.
Ganz leise, wenn die Flamme zuckt,
Schließ ich die Augen und erzähle:
Wie die Kinder wachsen, wie die
Gärten blühn, wo wir zusammen spielten,
Wie sich die Räume und die Zeiten jäh
Gewandelt. Doch ich bin noch, wie ich
Immer war: bin ich alleine, sing ich
Stets die alten Lieder, und sie sind Alle
Dann bei mir.
Was ich auch sage, tu und denke, nie bin ich
Allein. Ich kann sie nicht beweinen,
Denn ihre Heimstatt ist wie stets bei mir.


To the Dead

When they were homeless here on earth –
Their grave no grave: simply a disappearance –
There will be nights
When young and living spirits
Stand near me, in the fire-twilight.
Flames flicker as I close my eyes
And in low voice I tell them…
How the children grow, how the gardens bloom
Where we played together,
How place and times have brusquely changed.
I’m just the same as always:
When by myself,
I sing old songs –
And they are all with me.
Whatever I say or do or think,
I’m never really alone.
I cannot weep for them
Because they are with me,
Always with me...

 



Schwer verschlossen

Das ist stärker und schwerer als Worte
Schwer verschlossen ist die Pforte
Zum Garten des Todes.

Sagt Einer, da wüchse Schierling weiß
Herbstzeitlose und Ehrenpreis
Am Garten des Todes.

Schmal stehn wir und ängstlich daneben
Blasse Winden blüht das Leben
Am Garten des Todes.

 


Heavily Closed Is the Portal

This is stronger, more secret than words…
Heavily closed is the portal
To the garden of death.

Says one: there grows hemlock,
Autumn crocus, purple veronica
Around the garden of death.

How small we stand there, how anxious –
Life grows white morning glories
Around the garden of death.

 



Nachtklage

Es ist ganz still. Nur Mitternacht
Schlägt eine Glocke noch mit hartem Klang.
Wie ich auch meine Tage tätig zugebracht
Es kommt die Nacht, die
Endlos – weitgestreckt und dunkelbang…

Der Kranken sind so viel
Und auch der jungen Toten –
Wie kann ich schlafen
In dem Meer von Einsamkeit?
Wie Schiffe, die im stillen
Hafen geborgen,
Ruhen Geliebte tief im Schlaf
Zu zweit…
 
O komm und frage nicht…
Zum Hades ließ ich viele ohne Kuss
Sie sind allein.
Es rauscht das weite Meer der Einsamkeit…
Du sollst das letzte Kind mir sein.


Night Lament

It is quite still. Scarcely midnight
A bell tolls with a harsh
Clang.
However active day has been
Endless night comes –
Trailing dark and wide with fear.

So many are invalids
And so many young ones dead –
How can I sleep
In this sea of desolation.
Like ships, in safety
Sheltered
Lovers rest together
Deep in sleep.

Oh come and question not…
I let them go unkissed,
Lonely to their hell.
The wide sea of desolation roars on…
You will be my last child.


Schwarzwaldweihnacht

Großgespannt ist die
Finstere Kuppel des
Himmels – nur
Irgendwoher färbt ein
Goldener Schein sie –
Wie Staub, den riesiger
Atem zerblies…
Lichter nicht mehr sind die Sterne:
Funkelnde, sprühende
Eisige eigene Welten,
Die in finsterer
Kuppel den vorgemessenen
Gang begehn…
Lautlos liegt das gehügelte
Land im Lichte des Mondes
Bereit – tannenbestanden,
In reiner, eisiger Klarheit.
Dort, wo der Schnee lag,
Am Nordhang, auf Wegen,
Lässt ihn das nächtliche Licht
Wildfunkelnd erstehn.

Das Mondlicht aus spendender
Schale tränket die
Durstig atmende Welt
In heiliger Nacht.

Nun beginnet – weit in der Ferne –
Ein leises Brausen – wie Stürme,
Die sich verirrt…
Schwillt an und
Füllt nun die Kuppel
Mit gleichmäßig tiefem
Metallischem Ton.

Da hebet ein
Klagegesang sich aus stille
Schlafenden Dörfern
Heulend und angstvoll
Herauf – ein Ton löset den andern
Anschwellend ab und erstirbt.

O Sirenen der Nacht.
Der Schrecken
Der Welt – die Lust der
Zerstörung beginnt…
Und füllet die heilige Nacht
Und füllet die Kuppel
Des Himmels –
Und ist der Menschen
Herrin, die nun mit 
Geißeln der Furcht
Die nächtlichen Dörfer
Durchrast, hohnlachend
Der Stille –
Tobend vor Lust,
Die köstlich geformeten
Hügel, den Wald
Zu verbrennen – Löcher
Ins schlafende Erdreich
Zu reißen –
Den heiligen Schlaf zu
Erwecken zu
Bebendem Hass.

Christmas in the Black Forest

Widely spanned is the dark cupola of heaven,
From somewhere a golden shine, like dust,
Is torn by gigantic breath.
The stars are no longer friendly lights:
They are now sparkling, icy worlds of their own,
Who go about in the dark cupola
In their pre-destined way.
Silent lies the hilly land in moonlight,
Among spruces in pure and icy clarity.
Where snow fell on the northern hills
The nightly light… enlivens the sparkling snow.

Moonlight, from the giving bowl, pours out
To the thirsty world in this holy night.

Now begins – far in the distance –
A roaring, like storms that have lost their way,
It swells and fills the cupola
With evenly deep metallic sounds.

There rises a chant of complaint
From sleeping villages,
Howling and fearful –
The echoing sound swells and dies away.

Oh sirens of night…
The horror of the world,
The lust for destruction begins
And fills the holy night
And the dark cupola of heaven,
Becoming the governess of all mankind.
She races with the whips of fear
Through the dark villages,
She races and laughs, sneers at the silence,
Yells lustily, calls to burn
The finely drawn defenceless hill,
To burn the forest,
To tear holes into the sleeping earth,
To awake sacred sleep to trembling hate.

 



Traum unter Tränen

Es sang eine Glocke in Flandern,
Es schimmert ein leuchtender Dom
Die Nonnen schweigend wandern
Mit blassem Kinderstrom…

Es singt eine Glocke im Felde,
Flandern liegt im Licht,
In frisch betauter Kälte
Ich weine und finde Dich nicht…

Ein Feld zieht sich zum Meere
Von frischem Saatengrün,
Das sind die Jünglingsheere,
Die nie mehr weiter ziehn…

Sie liegen im Tau von Tränen
Die ihre Mütter geweint,
Sie wiegen im Winde und wähnen
Sie seien den Müttern vereint…


Tearful Dream

There sang a bell in Flanders
And shimmered a luminous dome
Black nuns proceeded silently
Pale children without a home.

A bell sings by the meadow
And Flanders lies in light.
In fresh dew and colder shadows
I weep and mourn your flight.

A field is stretching to the sea
The seed soon grows to leaf
That is the army of young men
Who marched to death and grief.

They lie in a dew of weeping
Welling from mothers’ eyes;
They wave in the wind believing
That they’re joining their mothers’ sighs.



V. Mythen und Metaphern

Gesang der Amazone

Meteorgleich durchstreiche die männlichen Himmel,
Entzündend!
Kaltglühend, geistberauscht
Wirf Dich empor…
Entfache die Flammen
Und siehe sie gleich darauf,
Ferne schon,
In den Dunkelheiten wie leuchtende Funken
Zerstieben!
Rasende,
Tönte der Kampfruf der Leidenschaft,
Wendet nicht einmal das Haupt.

Für Euch sind, Herbe, die Schmerzen
Des Geistes bereitet,
Deren Schrei Euch zerreist,
Wie andre das Kind.

Meteorgleich durchstreiche die männlichen Himmel,
Entzündend –
Tönte der Kampfruf der Leidenschaft,
Wendet nicht einmal das Haupt!

 


V. Myths and Metaphors

Amazon Song

Meteor-like, strive through the masculine sky –
Striking fire!
In cold glow, the spirit steeled,
Throw yourself upward!
Strike flames, and then at once
See it in darkly glowing sparks.
Raving Maenads:
At the battlecry of passion 
Do not ever turn your heads.

For you, austere ones
Is meant the pain of the spirit
Whose cry tears you,
Like others are torn by the child.

Meteor-like, strive through the masculine sky –
Striking fire!
At the battlecry of passion
Do not ever turn your heads.

 




Bona Dea

Dass die Pracht des Sommers größer in uns werde
Halt die Hände hin der dunklen Erde.
Alles ist dies Jahr im Überfluss gediehn.
Wenn am Himmel Wetterwolken ziehn
Reift das Korn und wächst der Wein.
Trink vom Duft der Felder, lass den Schrein
Des Herzens offen für den Ruch der Linden –
­Für das schwanke Gras – den Fall der Äpfel.
Denn wir finden
Bessers nicht, das uns bereitet.
Halt es fest, dass nichts entgleitet.
 
Dass die Pracht des Sommers größer in uns werde
Halt die Hände hin der nachtbetauten Erde.
Blasser Mond und dunkle Hügelzüge
Und im Dämmer Fledermäuse Zickzackzüge­ –
Wenn die Käuze schrein und Füchse bellen
Und im frühen Osten sich die Höhen hellen,
Blaue Seen liegen rings im Land...
Halt es fest, dass nichts Dir unerkannt.


Bona Dea

Goddess of Fertility

Stretch out your hands to the dark earth
And let the splendour of summer grow in us.
Everything this year thrives in plenty.
When in the sky storm-clouds pass over
Grain ripens and the vine increases.
Drink in the scent of fields, let your heart
Of hearts open for the fragrant lindens –
For the swaying grass – the falling apples.
Hold it fast, so that nothing slips away.

Stretch out your hands to the dewy night earth
And let the splendour of summer grow in us.
Pale moon and dark hill ridges
And bats zoom, zigzag in the dusk –
When the screech-owls hoot and the foxes bark
And in the early east the hills grow bright,
Blue lakes lie round about the land...
Hold it fast, so that nothing can escape you.

 



Stünd aber die Göttin unter uns auf...

Stünd aber die Göttin unter uns auf
Und böte, dass wir ihr folgten –  
So schritt ich die Wege
Ohne mich einmal zu wenden
Und barfuß.

Aber die Göttin verschloss mir den Mund
So gehorch ich ihr still
Und vergesse die Spende nicht, die ihr
Der Hohen, täglich gebührt.

Seien auch Griechenlands Götter
Schon lang uns gestorben
Und die Mutter die in Aegypten geherrscht…
Mir ist es entgangen.
Sehe ich den Mond und höre die Winde
Rauschen im Abendtal, legt ein Entzücken sich,
Göttliche, gnädig um mich.


If the Goddess Returned...

If the goddess returned among us
And asked us to follow her
I would go her way, without turning once,
And barefoot. 

But the goddess herself commanded silence,
So obeying her, I am still.
But forget not the daily thanksgiving
Due to her, great mother of all.

Perhaps the gods of Greece are dead
And our mother, sovereign in Egypt, even her.
To me all this is forgotten – 
Seeing the moon and hearing the rustle
Of the wind in a western valley,
Enchantment fills me with grace.



Hybris

Die auf dem Wagen des Rennens
Gestreckt, federnd,
Mit festen länglichen Schenkeln
Und eisernen Händen
Die Zügel gepackt
Rasen dahin in der Lust ihres Herzens
Da macht nichts sie wankend
Mit rührendem Munde und Lächeln
Im Auge jagt er dahin, dem Schicksal
Nur trotzend.

Doch, wehe, der Augenblick, da plötzlich im Herzen
Die Furcht sie verspüren
Im Wandeln des eigenen Seins.
Wenn die Götter zu grässlichen Taten
Die in sich gekehrten, die rührenden Schönen
Befahl!

Dann – furchtbar –
Wollen sie hemmen der Rosse sprühenden Lauf.
Tief im Innern
Hat sich schon furchtbar ihr Dämon entschieden…
Die auf den Wagen des Rennens mit eisernen Händen
Die Zügel gepackt, toben dahin,
Von der Götter Befehlen gelenkt,
Zur Vernichtung!

[1944]

Autograph

 


Hubris

Those in the chariots
Stretched on their toes, supple
With sturdy long legs
And iron hands gripping the reins.
They race in the lust of their hearts
And nothing will daunt them.
With touching smile in his eyes, he races,
Defies his fate.

But, woe, if a moment of sudden fear
Touches them, changes their being –
When the gods command to terrible deeds
The inward-turned and touchingly handsome!

Then, awful,
They want to brake the horses’ sparkling run.
Deep in their souls the demon decided to fell them.
Those on the chariot with iron hands
Gripping the reins, race forward,
Driven by Fate’s command
To destruction!

[1944]

 


Thanatos

Dann und wann ruft der Tod:
Einen von uns, einen Jungen…
Der wird noch einmal überloht
Von Schönheit – und gelungen
Ein Ding großschaffender Natur
Vom Dumpfen und vom Schmerz verlassen
Geht er des ewigen Daseins Spur,
Der kühnsten aller freien Straßen.

 


Thanatos

Now and then Death calls
From among us, a youth…
Once more will he be set ablaze
With beauty, and flourish,
A creature of all-inventive Nature.
Freed from gloom and pain
He goes in the wake of eternal Being,
The boldest of all free paths.